Glücksfall
Welcher Schüler Will schon für schwul gehalten werden, obwohl er es gar nicht ist?
Bart macht diese für einen Heterojungen nicht leichte Erfahrung. Denn sein bester Freund heißt Abel,
und der steht auf Jungs. Gemeinsam gehen sie durch dick und dünn, verbringen viel Zeit miteinander,
bis die Mitschüler tuscheln. Als die beiden Freunde als Liebespaar verspottet werden, zieht sich Bart zurück.
Ein paar Jahre später setzt die Erzählung von Anneke Scholtens ein. Abel ist bei einem Unfall gestorben.
Bart wird von der Nachricht überrascht, als er sein altes Zuhause hütet, weil er mit seiner neuen Liebe ungestört sein will.
Die fühlt schnell, dass da ein unsichtbarer Dritter mit ihnen ist. Doch Bart mauert und gefährdet
damit seine gerade begonnene Beziehung.
Nicht miteinander reden können, vor allem über Gefühle – das ist eines der zentralen Themen dieses wunderbaren Romans.
Missverständnisse, Ängste, Wünsche, alldas beschreibt Anneke Scholtens wohltuend unspektakulär.
Ihre Sätze berühren, weil sie schlicht und doch ergreifend sind. Ein Buch, das man in einem Atemzug lesen will.
Ein Glücksfall, dass der Männerschwarm-Verlag nach Christine Wunnickes meisterlicher Erzählung “Missouri” erneut
ein solch gutes Händchen für erstklassige schwule Literatur beweist.
Du&Ich, maart 2007
Feigheit vor dem Freund
“Abel”- Lesenwerter Beziehungskrimi aus Holland
“Feigheit vor dem Freund” fasst der Verlag seinen neuen Roman zusammen und trifft damit den Kern:
Bart, der die Haus- und Katzen-Sitter-Anfrage seiner Mutter gerne mit einem ungestörten Zusammensein
met seiner Freundin Roos koppeln möchte, wird von einer Nachricht überrascht,
die nicht nur den Ablauf der nächsten Tage aus der Bahn wirft: Abel, der Freund seiner Kindheit und Jugend,
ist beim Bergsteigen tödlich verunglückt!
Der Kondolenzbesuch bei Abels Mutter, wo der Freund aufgebahrt ist, die vertraute heimatliche Umgebung
rufen Dinge in Barts Erinnerung wach, die nicht nur er kräftig verdrängt hat.
Schuldgefühle überwältigen ihn, da er damals Abels so schüchterne Annäherungsversuche abgeblockt hat,
selbst heute kann er seiner Freundin noch nicht die Wahrheit sagen.
Bei Abels Beerdigung zeigt sich, dass auch die Eltern und Mittschüler auf recht eigenartige Weise
mit der Vergangenheit umgehen.
Anneke Scholtens zeichnet die Wünsche und Ängste der Figuren mit viel Sympathie und scharfer Beobachtungsgabe
und wenn ganz zum Schluss Abels Freund Bart einen Besuch abstattet, um den Menschen kennen zu lernen,
von dem Abel so viel erzählt hat, löst sich der Knoten in einem zärtlichen Beziehungskrimi.
Mit “Abel” kommt nach Brüder wieder einmal ein tolles Jugendbuch aus Holland zu uns,
das man auch als Erwachsener nicht verpassen darf.
Sergej.München, maart 2007
Abel
Sonnengeblümte Bettwäsche, ein Festschmaus – Bart hatte sich für seine Freundin Roos richtig ins Zeug gelegt.
Doch die romantische Woche im Haus seiner urlaubenden Eltern steht unter keinem guten Stern.
Auf der Anrichte entdeckt er eine Trauerkarte: verhängnisvolles Unglück…Abel…aus unserer Mitte gerissen.
Abel, sein bester Schulfreund. Tot.
Urplötzlich kochen alte, längst verdrängt geglaubte Erinnerungen hoch,
von Zorro-Spielen – und Abels Annäherungsversuchen.
Der Spott der Klassenkameraden, Seine Feigheit, der Bruch ihrer Freundschaft.
Wie kann man sich von jemandem verabschieden, den man aus seinem Leben gestoßen hat?
Mit leisen, aber umso deutlicheren Tönen dröselt die niederländische Autorin emotionale Dramen auf.
Was war, was ist, was wird – keine Zukunft ohne Vergangenheit.
Angesichts der Fülle berührender Momente ist eine permanente Gänsehaut garantiert.
Männer aktuell, maart 2007
Hetero in Nöten
„Abel“ - fesselnder Jugendroman von Anneke Scholtens
Gut, es ist kein besonders dicker Roman, und doch endete das „mal kurz Reinlesen“ des Rezensenten mit der Lektüre
des gesamten Textes am Stück.
Dem Roman „Abel“ der niederländischen Autorin Anneke Scholtens gelingt es schon nach
wenigen Seiten, seine Leser sowohl inhaltlich als auch stilistisch zu fesseln.
Dabei handelt er weder von realitätsfernen Zauberschulen noch von verborgenen Leichen unter den Teppichen des Vatikans.
„Abel“ erzählt völlig unspektakulär vom Tod eines Freundes und seinen Folgen noch Jahre nach dem Ende der Freundschaft.
So hatte es sich der Student Bart nicht vorgestellt: Während er ein paar Tage Haus und Garten seiner verreisten Eltern hütet,
freut er sich auf ungestörte Tage mit Roos, seiner neuen Freundin. Doch kaum im Heimatort eingetroffen, erfährt Bart,
dass sein früherer Schulfreund Abel soeben tödlich verunglückte.
Der Abschied vom Verstorbenen, der Kontakt zu Abels Eltern und ehemaligen Schulkameraden wird für ihn zur ungewollten
Konfrontation mit der Vergangenheit. Nur widerwillig stellt er sich der Erinnerung an Abel, an die enge Vertrautheit
während der Schulzeit, aber auch an das Scheitern der Freundschaft.
Denn Abel war schwul und in Bart verliebt, der letztendlich dem Druck und Spott der Mitschüler,
der Peinlichkeit und Angst nicht standhält.
Die - meist unglückliche - Liebe schwuler Mitschüler zu heterosexuellen Mitschülern wurde schon wiederholt
literarisch umgesetzt. Mit dem Fokus auf den heterosexuellen Bart vermittelt Anneke Scholtens Roman einen interessanten
Perspektivwechsel, stellt sich die Frage nach den Gefühlen und dem inneren Erleben eines heterosexuellen Jugendlichen,
der sich mit der Liebe eines Schwulen konfrontiert sieht.
Viel Stoff eigentlich für einen problembeladenen Wälzer. Nicht so bei Anneke Scholtens.
Die Autorin verarbeitete ihr Thema zu einem fesselnden und spannenden, ja mitreißenden Roman.
Dabei verbleibt sie stilistisch stets ruhig und unaufgeregt; fast liebevoll nimmt sie sich mit spürbarer Sympathie
ihrer Romanfiguren an. Wechselnd zwischen der gegenwärtigen Erzählebene und Rück- blenden in die Schulzeit werden,
detailgenau beobachtet, Handlungsweisen und innere Nöte nicht nur Barts und Abels, sondern auch der beteiligten
Erwachsenen eindrucksvoll greifbar. Zugleich wird deutlich, wie Barts Versuch der Verdrängung auch seine aktuelle Liebe
zu Roos zu gefährden droht.
Anneke Scholtens, Jahrgang 1955, Mutter zweier Kinder, lebt als Kinder- und Jugendbuchautorin in Amsterdam.
Der Roman „Abel“ erschien in den Niederlanden bereits 2002 unter dem Originaltitel „Hij was mijn vriend“,
als Jugendbuch für Leser ab 13 Jahren. Das Buch ist jedoch ausgezeichnet auch für Erwachsene lesbar und
für eine nachhaltige Leseerfahrung ausgesprochen empfehlenswert.
maart 2007, Nürnberger Schwulenpost
Siegfried Straßner